Am 12.05.2016 wurde Marko Jansen zum ehrenamtlichen zweiten Bevollmächtigten der IG Metall Aachen gewählt. 300 Tage später berichtet er, was ihn zu dieser Aufgabe bewegt hat, wie es sich dazu entwickelt hat und wo er seine Schwerpunkte sieht.
Seit Ende 2011 gehöre ich bereits dem Ortsvorstand an. Damals rückte ich für ein ausgetretenes OV-Mitglied nach. Ganz gut kann ich mich noch erinnern, als man mich fragte, ob die Arbeit im Ortsvorstand nichts für mich sei. Obwohl ich mich in der Vergangenheit nicht mit dieser Art der Ehrenamtstätigkeit auseinander gesetzt hatte, war für mich sofort klar: Das machst Du! Woher kam dieser spontane Entschluss?
Schon in meiner Zeit als Jugend- u. Auszubildendenvertreter Anfang der 90er Jahre gehört für mich aus Überzeugung eine betriebliche und eine gewerkschaftliche Arbeitnehmervertretung unbedingt zusammen. Seit meiner Betriebsratstätig, die 2002 begann, lebte ich auch diesen Grundsatz: Dazu gehört für mich, BR-Seminare an den hervorragenden Bildungsstätten unserer IG Metall zu besuchen. Durch diese Seminare habe ich viele Kontakte zu anderen Betrieben geknüpft. Neben den juristischen Themen, spielen auch der Standpunkt und die Außendarstellung für mich eine wichtige Rolle. Ich glaube, die politische Bildung dort hat mich dann in den Jahren danach entwickelt und reifen lassen. Das bestehende Selbstvertrauen bekam eine gewisse Qualität. Überhaupt war meine gewerkschaftliche "Karriere" von häufigen Blicken über den Tellerrand geprägt: Fortbildungen, Arbeiten mit Vertrauensleuten in unterschiedlichen Betrieben, Aufbau von Netzwerken, lokale und nationale Solidarität. All das geschah im Laufe der letzten Jahre für mich mit der Geschäftsstelle Aachen. Anfang 2016 zeichnete sich ab, dass der Ortsvorstand (nachdem es einen Wechsel von Franz-Peter zu Achim gegeben hatte) auch einen neuen zweiten Bevollmächtigten, der die Präsenz des Ehrenamtes wiedergibt, haben möchte. Viele Kollegen ermutigten mich zu einer Kandidatur und die Mitglieder der Delegiertenversammlung bestätigten mich mit fast 90%.
Fast zwei Jahre zuvor, im Frühjahr 2014, wurde ich bei Philips, Business Center Automotive (früher „Glühlampenwerk“, jetzt „Lumileds BCA“) zum stellvertretenden BR-Vorsitzenden gewählt. Aus dieser Funktion heraus war ich eigentlich prädestiniert, für die IG Metall Aachen wie auch im Betrieb jeweils "für das Wohl der Arbeitnehmer" aktiv zu sein. Oberflächlich betrachtet stimmt es durchaus, im Detail sieht das aber anders aus. Es gibt tatsächlich große Unterschiede zwischen beiden Posten - vereinfacht dargestellt: Die Gemeinschaft, für die ich bei der Geschäftsstelle tätig bin, ist vielfältiger und bunter. Ich werde mit unterschiedlichen Strukturen in den Betrieben konfrontiert, erlebe erstmals an vorderster Front die Sorgen und Nöte in kleinen Betrieben und deren Strukturen. Da ist es ziemlich spannend, wenn man sich jetzt mit völlig anderen Problembereichen und unterschiedlichen Rahmenbedingungen auseinander setzt. Dass der Arbeitgeber versucht Gewerkschaftsarbeit zu be- oder sogar zu verhindern, wäre etwa bei Lumileds kaum denkbar - in manch anderen Betrieben ist das an der Tagesordnung. Bei den Betriebsratskollegen in diesen Betrieben ist ein zusätzliches Spannungsfeld: Unter welchem Druck man dort mitunter steht, wenn neben der Arbeit auch noch gewerkschaftlicher Einsatz vonnöten ist. Diesen Kolleginnen und Kollegen zollt mein höchster Respekt!
Neben der Betriebsratsarbeit macht mir meine Tätigkeit als Elektrotechniker, dabei besonders die Betreuung unserer Azubis, viel Spaß. Dadurch ist mein Arbeitstag für einen ehrenamtlichen 2. Bevollmächtigten zeitlich beschränkt: Auch wenn ich am „operativen Geschäft“ der Geschäftsstelle so häufig wie möglich teilnehmen möchte, eine Betreuung bestimmter Betriebe findet für mich nicht statt. Als Aufgaben im "operativen Geschäft" gehören für mich primär das gewerkschaftliche Ehrenamt weiter zu stärken und der Sprecher der Basis zu sein, gefolgt von meiner aktiven Präsenz als Vertreter des Ortsvorstandes und der Delegierten. Dazu gehörte eine Talkrunde der IGM Aachen bei der Veranstaltung zum 1. Mai vorzubereiten und auf dem Aachener Markt zu moderieren, dazu gehörte unsere 125 Jahrfeier mit zu organisieren und während der Feier Helfer statt Gast zu sein. Dazu gehört aber auch mit unserem ersten Bevollmächtigten die Feier unserer Jubilare zu moderieren. Wenn ich in der Geschäftsstelle oder für den Ortsvorstand aktiv bin, geschieht dies während meiner betrieblichen Arbeitszeit durch Abbau von Mehrarbeitsstunden. In Folge habe ich dann weniger Möglichkeiten mit meiner Familie die Freizeit zu genießen. Trotzdem unterstützt mich meine Frau, so dass mir die Arbeit mit Achim, mit den hauptamtlichen Sekretärinnen u. Sekretären und mit den Büroangestellten Spaß macht und mir sehr viel daran liegt. Dazu gehört auch, hin- und wieder an Bürobesprechungen der Geschäftsstelle teilzunehmen. Auch in den verschiedenen Arbeitskreisen und dem Ortsjugendausschuss bin ich mehrmals im Jahr mit unseren Ehrenamtlichen, unseren jungen Erwachsenen oder unseren Rentnern, die für mich eine ganz wichtige Rolle für die Geschäftsstelle spielen, zusammen um aktiv zu diskutieren. Dabei baut mich die Arbeit mit unseren Metallern auch in schlechten Tagen immer wieder auf. Ihr positives Feedback, Dinge zu verändern, wird dabei zu meiner Motivation!
Zu den wichtigsten Aufgaben, die die IG Metall Aachen in Zukunft zu erledigen hat, gehört für mich an erster Stelle die Sicherung der Arbeitsplätze in unserem Geschäftsstellenbereich, unsere Mitglieder weiterhin von der IG Metall zu begeistern, vor allem die neuen Auszubildenden als Mitglieder zu gewinnen, und die Leistungsverdichtung in unseren lokalen Betrieben zu beobachten. Es bleibt also noch genug zu tun für die nächsten ca. 900 Tage…