Dem Produktionsstandort Deutschland wird wieder deutlich
mehr Wert beigemessen als noch zu Zeiten der Lohnkostendebatte um die Jahrtausendwende. Industrielle Produktion in Deutschland wird nicht mehr leichtfertig in Billiglohnländer verlagert. Der Fokus dieser Tage liegt eindeutig auf etwas Anderem:
auf der Neuordnung sogenannter Produktionssysteme.
Das ist sehr berechtigt, denn Wertschöpfung und Arbeit am Standort Deutschland sind bis zu 60 Prozent von der industriellen Produktion und den vielschichtigen industriebezogenen Dienstleistungen geprägt. Die Organisation dieser Produktion in einem mehr oder weniger ganzheitlichen System ist Aufgabe der Unternehmen und damit auch Gegenstand ihrer täglich neuen Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse.
Produktionssysteme werden als Regelwerke aller Produktionsabläufe
sowie der angrenzenden Prozesse verstanden. Diese Regeln beschreiben, wie die zur Herstellung von Produkten
relevanten Prozesse gestaltet, implementiert, kontrolliert und
stetig verbessert werden. Produktionssysteme enthalten die
dafür relevanten Ziele, Prinzipien, Methoden und Werkzeuge der Produktionsorganisation eines Unternehmens. Vielfach stehen
sie in Tradition des Toyota-Produktionssystems.
Eher selten, so der Eindruck aus unserer Projektarbeit, wird dabei der Mensch ins Zentrum gestellt.
Betriebsräte und Gewerkschaften sind daher gefordert, eigene Vorstellungen über ein Produktionssystem für sichere und faire Arbeit zu entwickeln, die wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
nicht entgegen stehen, sondern die machbare Gestaltungsoffenheit nutzen.
Dieses Memorandum will in diesem Sinne zum Nachdenken anregen und beschreibt ein "Beteiligungsorientiertes Wertschöpfungssystem".
Die im Memorandum beschriebenen Fallen von Produktionssystemen sind mit Betriebsräten und Wissenschaftlern in mehreren überbetrieblichen Workshops
sowie im Rahmen von sogenannten betrieblichen Fallbearbeitungen in ausgewählten Unternehmen entwickelt worden.
Unter der Überschrift Produktionssysteme im Mittelstand wurden in insgesamt sechs Unternehmen unter Einbeziehung wissenschaftlicher
Ingenieurskompetenz des Werkzeugmaschinenlabors an der RWTH Aachen zusammen mit Betriebsräten,
Vertretern des Managements und der Arbeitgeberseite die dortigen
Produktionssysteme durchleuchtet. Gemeinsam wurden zuvor entwickelte Arbeitshypothesen überprüft. Wesentliche Ausgangsfragestellungen waren: Was kann bei Produktionssystemen alles schief gehen?.
Die Ergebnisse haben sind, entsprechend
der Konzeption des Projekt Kompetenz und Innovation,zu relevanten Fallen verdichtet. Die hier vorgestellten Fallen dienten im Rahmen der betrieblichen Workshops als Diskussionsstruktur und Auswertungsraster.
Das Memorandum beschreibt insgesamt sieben Fallen rund um das Thema Produktionssystem. Jedes Kapitel schließt mit "Tipps für den Betriebsrat": Gemeint sind Fragen an die Geschäftsführung, um festzustellen, ob die Firma bereits in die eine oder andere Falle getappt ist. Und um herauszufinden, welche Auswege es gibt.