metall: Doris, du bist langjähriges SPD-Stadtratsmitglied, und hast dich immer für die Belange der sozial Schwachen eingesetzt. Dafür hast du auch im vergangenen Jahr das Bundesverdienstkreuz des Bundespräsidenten erhalten. Kandidierst du für eine weitere Wahlperiode im Chemnitzer Stadtrat?
Doris Müller: Kurz gesagt - Nein.
metall: Warum hast du dich dann der Nominierung innerhalb der SPD gestellt?
Doris Müller: Erst mal der Reihe nach. In vielen Gesprächen mit Wegbegleitern, vielen Chemnitzer Bürgern und einigen Parteifreunden hatte ich mich nach reiflicher Überlegung entschieden, als 71-Jährige doch noch einmal für die nächste Wahlperiode anzutreten. Schließlich ist ja Chemnitz eine der Städte mit dem höchsten Durchschnittsalter. Auch im Ortsvorstand der IG Metall wurde der Entschluss für ein weiteres soziales Engagement im Stadtparlament begrüßt. Und etwas für sozial Schwache tun zu können, war und ist mir wichtiger, als mich letztlich aufs Altenteil zurück zu ziehen.
metall: Kannst du Beispiele nennen?
Doris Müller: Maßgeblichen Einfluss hatte ich bei der Sicherung der Kaltmietenübernahme für Hartz IV Empfänger durch die ARGE Chemnitz, an der Erhöhung der KIGA-Betreuungszeit auf 7,5 h täglich auch für Kinder von Nichtberufstätigen, beim Organisieren einer erfolgreichen Berufsausbildungsmaßnahme für 14 Langzeitarbeitslose mit anschließender Übernahme in den 1. Arbeitsmarkt u.v.m.
metall: Warum trittst du dennoch nicht an?
Doris Müller: Meine Partei hatte keinen ersten Listenplatz für mich. Sie wollte eine Jüngere, die noch nicht Stadträtin ist, auf diese aussichtsreiche Position setzen. Ich bin sehr für einen Verjüngungsprozess, der muss sein. Aber ich fühle mich verletzt, wenn ich durch meine Bekanntheit nur als Stimmenbeschafferin benutzt werden soll. Mit dieser Entscheidung stellt meine Partei auch mein langjähriges, oft auch unbequemes Engagement für Arbeitslose und andere sozial Schwache in Frage. Aber damit werden wir uns parteiintern auseinandersetzen.
metall: Verschwindet jetzt Doris Müller von der politischen Bildfläche?
Doris Müller: Nein, meine Ehrenämter werde ich sowohl im Verein Neue Arbeit Chemnitz als auch in der IG Metall fortsetzen. Es geht auch nicht um mich. Sondern vielmehr um die sozialen Anliegen, für die ich als Person seit vielen Jahren stehe. Dann wird eben wieder mehr außerparlamentarische Arbeit für die Schwächsten in unserer Gesellschaft gemacht.
metall: Am 16. Mai hättest du ja gleich Gelegenheit dazu. Die Gewerkschaften mobilisieren für einen europäischen Akti-onstag nach Berlin. Bist du dabei?
Doris Müller: Selbstverständlich. Und wir werben auch bei uns im Verein Neue Arbeit Chemnitz für diese Demo. Wer nicht kampflos die Zeche für diese Krise bezahlen will, sollte dabei sein und sich bei der Politik Gehör verschaffen!
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