Erster Warnstreik bei Gestamp
Der erste Warnstreik der IG Metall Bielefeld in der laufenden Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie fand am späten Montag Abend statt. Es war ein eindrucksvolles Bild: Alle 153 Gestamp-Beschäftigten der Nachtschicht verließen um 23 Uhr ihren Arbeitsplatz und zogen auf den Platz vor der Verwaltung in Brackwede
Es war kalt, aber die Stimmung alles andere als frostig. Die Beschäftigten des Unternehmens, das Karosserie- und Fahrwerkskomponenten herstellt, hatten sich Warnstreikwesten angelegt und Transparente mitgebracht. Sie machten so deutlich, dass sie hinter den zwei Forderungen der IG Metall stehen: 6 Prozent mehr Entgelt und den Anspruch, selbstbestimmt für bis zu zwei Jahren die Arbeitszeit auf 28 Stunden verringern zu können.
Besonders belastete Gruppen, etwa diejenigen, die in Schicht arbeiten, sollen in dieser Zeit zudem einen teilweisen Lohnausgleich erhalten. Alle sollen das garantierte Recht erhalten, anschließend wieder in die Vollzeit zurückkehren zu können.
Die Metall- und Elektroindustrie wächst und wächst, die Auftragsbücher sind voll. Nun müssen die Arbeitgeber umdenken. Die Beschäftigten wollen nicht schuften bis zum Umfallen, sondern sich beispielsweise um ihre kleinen Kinder oder pflegebedürftige Eltern kümmern können, sagt Ute Herkströter, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Bielefeld. Die Metall- und Elektroindustrie müsse sich veränderten Zeiten mit anderen Bedürfnissen vor allem der jüngeren Generationen stellen, die ins Berufsleben starten. Es geht darum, Beruf und das private Umfeld, vor allem die Familie, besser vereinbaren zu können.
Die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie wollen davon bislang nichts wissen. Sie können sich flexible Arbeitszeiten vorstellen, schauen aber in die andere Richtung: Eine tarifvertragliche Vereinbarung, die mehr Möglichkeiten als bisher schafft, Beschäftigte länger als 35 Stunden arbeiten zu lassen und das ohne zusätzliches Geld. Möglich, dass wir einen langen Atem brauchen, sagt Hans-Jürgen Wentzlaff, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Bielefeld. Die Forderungen sind gemeinsam mit den Mitgliedern entwickelt und abgestimmt worden.
Am 18. Januar soll in Nordrhein-Westfalen weiterverhandelt werden. Die Arbeitgeber haben bislang 2 Prozent mehr Geld und eine Einmalzahlung von 200 Euro auf den Tisch gelegt. Wir akzeptieren kein Angebot, dass gerade mal den Anstieg der Lebenshaltungskosten ausgleicht, sagt Ute Herkströter. Die IG Metall will, dass die Beschäftigten am Erfolg der Branche beteiligt werden.
Die Beschäftigten bei Gestamp und weitere 50 weitere Teilnehmer am Warnstreik setzten dafür ein eindrucksvolles Startsignal. Die IG Metall wird in den nächsten Tagen ihre Warnstreiks in Bielefeld und in ganz Nordrhein-Westfalen fortsetzen.
Am 18. Januar erwarten wir endlich eine konstruktive und sachorientierte Verhandlung über unsere Forderungen. Sollte es immer noch keine Bewegung geben, werden wir bei den Warnstreiks nochmal kurzfristig nachlegen und dann aber auch schnell über 24-Stunden-Warnstreiks entscheiden, erklärt Ute Herkströter, die auch Mitglied der IG Metall Verhandlungskommission auf Landesebene ist.
Hintergrund:
Neben sechs Prozent mehr Geld für zwölf Monate fordert die IG Metall einen Anspruch auf zeitweise Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden mit einem Rückkehrrecht zurück in die Vollzeit. Wer in Schicht oder anderen belastenden Tätigkeiten arbeitet, Kinder betreut oder Angehörige pflegt, soll zudem einen Zuschuss bekommen, um sich die kürzeren Arbeitszeiten leisten zu können.
Bis zur dritten Verhandlung für die 700 000 Beschäftigten der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie am 18.01.2018 in Neuss ruft die IG Metall NRW tausende Metaller und Metallerinnen aus über 500 Betrieben zu mehrstündigen Warnstreiks auf.