Lautstark in die Innenstadt
Am 7. Streiktag zogen die Kolleginnen und Kollegen von Hiro lautstark in die Innenstadt. Dabei erhielten sie großartige Unterstützung von vielen Menschen aus Bielefeld und noch weiter weg.
100 Teilnehmende hatte Oguz Ünal von der IG Metall für die Demonstration am Donnerstag, den 23. Mai, angemeldet. Doch schon gleich zum Start der Demonstration um 13 Uhr vor dem Werksgelände waren zahlreiche Menschen aus anderen Betrieben Bielefelds gekommen, um die streikenden Kolleginnen und Kollegen von Hiro zu unterstützen. So setzte sich die Demonstration dann am Beginn schon mit fast 200 Menschen in Bewegung.
Unterwegs war schon eine große Solidarität bei den Passanten in Bielefeld zu spüren. "Macht weiter!" rief ein Mann den Demonstranten zu, "Lasst Euch nicht unterkriegen!" unterstützte eine Frau von der anderen Straßenseite. Oft wurden Fenster geöffnet und die dort in den Büros arbeitenden Kolleginnen und Kollegen klatschten spontan Beifall für die Demonstranten.
Am Ziel, am Jahnplatz, warteten auch bereits viele auf den Demonstrationszug, so dass dort zur Kundgebung sicherlich 300 Menschen zusammen standen und der Musik und den Reden zuhörten. Hier war dann auch wieder einmal das Fernsehen dabei und immer mehr Menschen kamen dazu.
Joachim Bigus, Volkswagenwerk Osnabrück
Die Kundgebung begann nicht mit einer Rede, sondern zunächst mit einem gemeinsam gesungenen Lied. Joachim Bigus, Leiter der Vertrauensleute bei Volkswagen aus Osnabrück war extra mit einer Handvoll Kollegen und seiner Gitarre zur Unterstützung angereist. Hier ein kleiner Auszug aus dem Text des Liedes:
Her mit dem Tarifvertrag! / Unsere Kraft ist die Gewerkschaft
Auch wenn der Herr Hein nicht mag / Dafür lasst uns kämpfen.
Durch die Solidarität / Unsere Kraft ist die Gewerkschaft
Aus der Angst auch Mut entsteht / Wenn wir mit ihr kämpfen
Auch bei Hiro in Bielefeld / Unsere Kraft ist die Gewerkschaft
Höhere Löhne, Weihnachtsgeld / Dafür lasst uns kämpfen
Ute Herkströter, IG Metall Bielefeld
Als erste Rednerin begrüßte Ute Herkströter, Erste Bevollmächtigte der Geschäftsstelle der IG Metall in Bielefeld, die Kolleginnen und Kollegen von Hiro und alle gekommenen Menschen aus Bielefeld und weiterher.
"Ich hätte nicht gedacht, dass wir hier heute stehen müssen," so Ute Herkströter gleich zu Beginn ihrer Ansprache, "Sieben Tage Streik, bei Regen, bei Kälte, doch heute endlich auch bei Sonnenschein. Und das alles nur, weil ein einziger Arbeitgeber glaubt, sich nicht an gesellschaftliche Regelungen halten zu brauchen."
Ute bedankte sich besonders bei den vielen Bielefeldern, die den Streik so tatkräftig unterstützen, und alle die sich einsetzen, dass die Kolleginnen und Kollegen hier auf ihren Arbeitsplätzen fair und respektvoll behandelt werden. Ute Herkströter machte klar, dass es in ganz vielen Betrieben wirklich passgenaue tarifvertragliche Lösungen gibt. "Wir geben dem Arbeitgeber jede Chance, mit uns ins Gespräch zu kommen. Dafür stehen wir heute hier. Wir möchten reden und Lösungen für die Zukunft von Hiro finden. Aber wir werden ihm auch nicht mehr länger unsere Arbeitskraft billigst herschenken." so Ute weiter.
Matthias Blomeier, Sozialpfarrer Evangelische Kirche Bielefeld
Matthias Blomeier, Sozialpfarrer der Evangelischen Kirche in Bielefeld, machte in seiner Rede deutlich, dass die Kirche ausdrücklich auf der Seite der Benachteiligten in dieser Gesellschaft steht. Er erinnerte an den alten Spruch der 68er "Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt!". Und zu streiken ist und bleibt ein angemessenes Mittel, um sich für seine Rechte einzusetzen.
25 Prozent weniger Lohn, 5 Stunden Mehrarbeit, kein Weihnachtsgeld, und dann nicht einmal die geringste Spur von Bereitschaft der Geschäftsleitung, sich mit der Gewerkschaft an einen Tisch zu setzen? "In welcher Welt leben wir eigentlich?" fragte er deutlich. "Wer nie gelernt hat, seine Krallen zu zeigen, wird von den anderen nur ausgenutzt werden", so Blomeier wörtlich. Er forderte die Beschäftigten von Hiro auf, in ihrem Kampf für soziale Gerechtigkeit nicht nachzulassen. Schließlich hätte schon Jesus gesagt: "Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert!"
Oguz Önal, IG Metall Bielefeld
Sichtlich bewegt von der großartigen Solidarität der vielen menschen an diesem Tag und beim Streik überhaupt sprach dann Oguz Önal zu den Kundgebungsteilnehmenden.
Er erinnerte zunächst daran, dass genau heute vor 70 Jahren das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland unterschrieben wurde und in Kraft trat. Er bedankte sich bei den streikenden Kolleginnen und Kollegen von Hiro: "Ihr kämpft hier für diese Republik!" Die Ziele des Grundgesetzes, die werden jetzt hier unter den streikenden Kolleginnen und Kollegen gelebt: Der respektvolle Umgang miteinander und die Anerkennung der Würde des anderen. Es sei für ihn unbegreiflich, dass sich der Arbeitgeber jedem Gespräch verweigert. Wenn der sich überhaupt rege, dann nur, um die Beschäftigten bei Hiro zu spalten oder gar zu gesetzeswidrigem Verhalten aufzufordern.
Hier wird nicht nur Artikel 1 des Grundgesetzes, die Würde des einzelnen Menschen immer wieder in Frage gestellt, nein, die Eigentümer von Hiro scheinen auch Artikel 9 des Grundgesetzes nicht zu kennen, der eben ausdrücklich den Deutschen die Freiheit gibt, Gewerkschaften zu gründen und darüber wirtschaftliche Fragen und Tarife zu klären.
Und im Grundgesetz steht auch "Eigentum verpflichtet". Und das gilt auch für geerbtes Eigentum. Die Firma Hiro lebt insbesondere von Treppenliften für ältere Menschen, die in vielen Fällen durch unseren Sozialstaat gefördert werden. Und so wie wir in diesem Land alle wollen, dass ältere Menschen dank guter unterstützender Produkte in Würde leben können, fordern auch die Beschäftigten bei Hiro Respekt und Würde ein. Ohne diesen Respekt wird es keine Zukunft für Hiro geben können.
"Wir stehen hier nicht um Hiro zu bestreiken, sondern wir stehen hier, weil wir für die Zukunft von Hiro kämpfen!"
Aufbruch des Demonstrationszuges zum Jahnplatz, unterstützt von Trommlern der "Sambistas".