Was ist ein Tarifvertrag?
Tarifverträge sind Vereinbarungen von Gewerkschaften einerseits und
Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden andererseits. Ende des 19.
Jahrhunderts, als die ersten Tarifverträge abgeschlossen wurden,
regelten sie vor allem die Lohnhöhe (Tarif ). Heute wird viel mehr in
Tarifverträgen geregelt: Entgelt, Urlaub, Arbeitszeit, Fortbildung und
vieles andere. Der Name ist aber geblieben. Tarifverträge sind kollektive
Arbeitsverträge, das heißt, sie gelten für alle Gewerkschaftsmitglieder
im Regelungsbereich des Tarifvertrags und ersetzen den Einzelarbeitsvertrag.
Der Regelungsbereich ist zum Beispiel eine Branche
oder auch nur ein Betrieb. Tarifverträge werden oft auch für
Nicht-Gewerkschaftsmitglieder angewendet, einen Rechtsanspruch
darauf haben aber nur Mitglieder. Tarifverträge sind immer Kompromisse
zwischen den Interessen der Arbeitgeber und denen der
Arbeitnehmer. Sie legen Mindestarbeitsbedingungen für Arbeitnehmer
fest und schaffen gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen.
Wozu brauche ich einen Tarifvertrag?
Wir als Beschäftigte sind den Arbeitgebern gegenüber im Nachteil:
Während der Arbeitgeber meistens zwischen vielen Bewerbern auf
einen Arbeitsplatz auswählen kann, brauchen wir den Arbeitsplatz,
um Geld zum Leben zu verdienen. Der Arbeitgeber kann also die
Bewerber herunter handeln wer am wenigsten Geld verdienen will,
wer am wenigsten Urlaub macht und am längsten arbeitet, der
bekommt den Job. Wir müssten uns darauf einlassen, um zu überleben.
Unser Rezept gegen dieses Herunterhandeln ist der Zusammenschluss
in Gewerkschaften und der Abschluss von Tarifverträgen. Ein
Tarifvertrag setzt eine Untergrenze, unter der Arbeitgeber unsere
Arbeit nicht einkaufen können. Für uns garantiert er Mindesteinkommen
und Mindeststandards an Lebensqualität, wie Freizeit,
Urlaub oder Weiterbildungsmöglichkeiten. Von Tarifverträgen darf
natürlich abgewichen werden: dann nämlich, wenn die abweichenden
Vereinbarungen besser sind als die Regelungen im Tarifvertrag
(Günstigkeitsprinzip): mehr Urlaub, mehr Einkommen, geringere
Arbeitszeiten im Arbeitsvertrag kein Problem. Aber schlechter als
der Tarifvertrag das geht nicht. Ansonsten würde sich die Spirale
immer weiter nach unten drehen: wer arbeitet noch länger, wer
macht´s für noch weniger Geld
Wozu Solidarität?
Die Idee, sich schon zu Beginn der Industrialisierung
in Gewerkschaften zusammen zu
schließen, setzte eine Erkenntnis voraus: Das Bewusstsein, dass wir zusammen gehören und dann viel stärker sind,
wenn wir gemeinsam handeln. So war es möglich, dass wir vieles
erkämpfen konnten, was zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
beigetragen hat und was heute vielen als selbstverständlich
gilt: Verkürzung der täglichen Arbeitszeit auf 8 Stunden,
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, 30 Tage Urlaub usw.
Freiwillig haben die Arbeitgeber das nie gemacht. Auch was in Gesetzen
geregelt ist (in aller Regel schlechter als in Tarifverträgen), wurde
sozialpolitisch nachgebessert und den Inhalten von Tarifverträgen
nachempfunden.
Heutzutage wird von Unternehmen, Medien und Politik viel davon
geredet, dass wir mehr Eigenverantwortung brauchen. Der Einzelne
soll sich um sein Schicksal selbst kümmern und versuchen, sich im
Dschungel des Lebens allein durchzuschlagen. Wenn wir aber unseren
Lebensstandard absichern, ausbauen und unsere Vorstellungen
einer demokratischeren und sozialeren Gesellschaft durchsetzen wollen,
müssen wir auch
in Zukunft gemeinsam
stark verhandeln
können.
Gesetz und Tarifvertrag