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IG Metall Region Hamburg-Forum - Fachkräftesicherung_2013

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Fachkräftesicherung – Potenziale nutzen, Defizite beseitigen

Über den Fachkräftemangel wird in vielen Bereichen kontrovers diskutiert. Deutlich ist jedoch, dass es in der Bundesrepublik auf Dauer einen Fachkräftebedarf geben wird, der nur zu sichern ist, wenn Aus- und Weiterbildung einen weit höheren Stellenwert einnimmt als bisher. Der nachfolgende Artikel aus der Zeitschrift „Einblick“ beschreibt deutlich die gegenwärtige Ausgangslage und stellt die Probleme anschaulich dar.
Handeln müssen neben der Politik vor allem die Akteure im Betrieb. Nur wenn Betriebsräten und Vertrauensleuten der Stellenwerte von beruflicher Aus- und Weiterbildung deutlich wird, wird sich der betriebliche Alltag und die Politik verändern.


Fachkräftesicherung – Potenziale nutzen, Defizite beseitigen

Der Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Fachkräftesicherung zeigt vor allem eines: In Deutschland kann und muss mehr getan werden, um bestehende Potenziale besser zu nutzen.

Für die schwarz-gelbe Bundesregierung belegt der von ihr vorgelegte Fortschrittsbericht zur Fachkräftesicherung erste positive Effekte. Sie hält die gestiegene Erwerbsbeteiligung und den leichten Zugang ausländischer Fachkräfte zum Arbeitsmarkt für Erfolge. Dagegen steht für DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fest: „Die Fachkräftesicherung funktioniert allenfalls bei der Zuwanderung, während es nach wie vor Defizite und institutionelle Hindernisse gibt, das bestehende Fachkräftepotenzial im Inland auszuschöpfen.“

So sei es beispielsweise nicht gelungen, Langzeitarbeitslose stabil in Beschäftigung zu bringen. Vielmehr hätten prekäre Arbeitsverhältnisse zugenommen. Statt die Arbeitssuchenden durch Qualifizierungsmaßnahmen zu unterstützen, haben Jobcenter und Bundesagentur „fast 900 Millionen Euro an Mitteln für die Arbeitslosigkeit nicht ausgegeben“. Durch den deutlich reduzierten Einsatz von Mitteln für Qualifizierung seien vor den Maßnahmen keine Impulse für die Fachkräftesicherung ausgegangen. Buntenbach betont: „Im Inland ist mehr möglich, aber Fachkräftesicherung gibt es nicht zum Nulltarif.“

Wie zum Beispiel im Pflegebereich. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird bis 2030 um 41,7 Prozent steigen. Damit geht ein höherer Bedarf an Pflegekräften einher. Nach Angaben von ver.di werden dann rund 260 000 Beschäftigte fehlen. Herbert Weisbrod-Frey, Bereichsleiter Gesundheitspolitik beim ver.di-Bundesvorstand, erläutert, was zu tun ist: „ Wer in der Pflege arbeitet, braucht Arbeitsbedingungen, die nicht krank machen, eine tarifliche Bezahlung und geregelte Arbeitsbedingungen. Die Ausbildung muss gefördert werden. Dass es noch Bundesländer gibt, in denen für die Altenpflegeausbildung Schulgeld erhoben wird, ist ein Skandal. Nur mit guter Arbeit und fairen Bedingungen lassen sich mehr Menschen für die Altenpflege gewinnen.“

Auch in anderen Branchen muss mehr für die Nachwuchssicherung getan werden. Ein großer Anteil unbesetzter Stellen und eine hohe Abbruchquote deuten häufig auf massive Probleme hin. So beendet fast jeder zweite Koche oder Kellner vorzeitig seine Ausbildung. Bei Fleischern, Bäckern und Gebäudereinigern fast jeder Dritte. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock fordert deshalb, dass ausbildungsbegleitende Hilfen zum Standardangebot werden. „Jedem Jugendlichen muss eine fachliche und sozialpädagogische Begleitung zur Verfügung stehen.“

Außerdem sei es notwendig, das künftig unabhängige Stellen die Unternehmen von Zeit zu Zeit kontrollieren und – wenn nötig – auch sanktionieren, so Sehrbrock.

Annelie Buntenbach kritisiert zudem, dass immer noch zu viele Jugendliche in Warteschleifen sind, weil sie keinen passenden Ausbildungsplatz finden. „Die Unternehmen müssen sich mehr um schwächere Jugendliche kümmern.“ Dafür bedürfe es in Mangelberufen bessere Rahmen­be­dingungen, eine höhere Ausbildungsvergütung und eine Aussicht auf Übernahme. Kritisch weist der Fortschrittsbericht auf die geringe durchschnittliche Arbeitszeit von Frauen hin. „Zu Recht“, findet Annelie Buntenbach. Allerdings nennt sie auch einen wichtigen Grund für den in einigen Regionen höheren Anteil von Minijobberinnen. „Hauptursache hierfür ist die Minijobregelung, die von der Bundesregierung noch ausgeweitet statt eingedämmt wurde.“

Fest steht: Der Forschungsbericht zeigt viele Bereiche, in denen weitere Anstrengungen notwendig sind. So müssen Bildungschancen verbessert werden, Aus- und Weiterbildung gestärkt und Älter, Geringqualifizierte und Migrantinnen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden.

(Quelle: Einblick – gewerkschaftlicher Info-Service 04.02.3013 S.3)