Europa am Scheideweg Solidarische Integration oder deutsches Spardiktat
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik veröffentlicht ihr MEMORANDUM 2012 und stellte es mit einer Presseerklärung vor. Die Erklärung und eine Kurzfassung stellen wir euch zur Verfügung.
Im Zuge der Bewältigung der internationalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sind weltweit
die Ausgaben der öffentlichen Haushalte gestiegen. Konjunkturprogramme und Maßnahmen zur
Bankenrettung haben zwangsläufig zu einer deutlichen Steigerung der Staatsverschuldung
beigetragen. Dabei sind die Spannungen im Finanzsektor weder in Deutschland noch auf der
europäischen Ebene beseitigt.
Eine zentrale Ursache der derzeitigen Krise ist die seit über 30 Jahren weltweit betriebene
Umverteilung von den Arbeits- zu den Besitzeinkommen. In vielen Ländern verfielen die
Lohnquoten und stiegen die Gewinnquoten. Bei zurückbleibender Nachfrage führte dies nicht zu
vermehrten Investitionen in die Realwirtschaft, vielmehr speiste die überschüssige Liquidität die
Finanzmärkte.
Verstärkt wurde diese Entwicklung durch eine starke Deregulierung der Finanzmärkte. Dadurch
wurde es möglich, dass im Finanzsektor für Vermögende zeitweise Renditen erwirtschaftet
werden konnten, die weit über den realwirtschaftlichen Zuwachsraten lagen.
All das hat sich auch nach der Krise kaum geändert. Daher bleibt der Finanzsektor das
Epizentrum krisenhafter Entwicklungen. Durchgreifende Reformen wurden bislang vermieden.
Vielmehr wird versucht, durch kleinere Reparaturen das Vorkrisensystem zu stabilisieren.
Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup kritisiert: Das Problem der Ungleichgewichte im Euroraum wird
damit nicht gelöst, im Gegenteil: Schon jetzt führt das rigorose Spardiktat die Krisenländer in die
Rezession und zu sozialen Katastrophen. In Spanien und Griechenland z.B. liegt die
Jugendarbeitslosigkeit mittlerweile bei 50 Prozent.
Prof. Dr. Mechthild Schrooten hält fest: Die
Schuldenbremse zeigt die Mut- und Hilflosigkeit des europäischen Krisenmanagements. Die
Politik beraubt sich ihres eigenen Instrumentariums. Der finanzpolitische Handlungsspielraum
sinkt, während die strukturellen und verteilungspolitischen Probleme bleiben. Das ist eine
gefährliche Mischung. Eine solidarische europäische Integration wäre die tragfähige Alternative.
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik fordert in ihrem MEMORANDUM, den
Finanzsektor stärker zu regulieren. Prof. Dr. Mechthild Schrooten: Ein Schritt zur Euro-Rettung
wäre die Finanzierung der Staatsschulden durch die Europäische Zentralbank wie dies in den
USA, Großbritannien oder Japan üblich ist. Alternativ könnte der Rettungsschirm mit einer Banklizenz ausgestattet werden. Um die Gewinner der Krise an den Folgen zu beteiligen, ist eine Steuerreform dringend notwendig.
Neben der mittlerweile von vielen geforderten Erhöhung
des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent und der Einführung der Finanzstransaktionssteuer
müssen die Vermögenden wie in anderen Ländern üblich an der Finanzierung der Staatsausgaben stärker beteiligt werden.
Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup Die Vermögenssteuer muss reaktiviert werden. Eine Familie mit zwei Kindern mit einem Vermögen von mehr als einer halben Million Euro wird eine Steuer von einem Prozent leicht verkraften. In der Summe bringt die Vermögensteuer aber rund 20 Milliarden Euro. Darüber hinaus fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik eine Vermögensabgabe für die Superreichen: Ab einer Million Euro sind über zehn Jahre jährlich zwei Prozent zu zahlen. Zehn Prozent unserer Bevölkerung verfügen mittlerweile über mehr als 60 Prozent unseres Vermögens mit der Vermögensabgabe, die an Bund, Länder und Gemeinden gehen soll, beteiligen sie sich wieder angemessen an der Finanzierung unserer Zukunft.
Mehr Informationen erhaltet ihr auf der Internetseite der Gruppe Alternative Wirtschaftspolitik - die wir euch gerne empfehlen wollen: