Forum 3 Globale Wertschöpfung ausbalancieren
Immer mehr mittelständische Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie haben ihre Wertschöpfungsketten globalisiert. Dabei ist der Prozess der Internationalisierung mittlerweile auf einem anderen Level als dem verlängerter Werkbänke im Ausland angekommen. Einer Phase der Standardisierung von Produkten und Produktionsprozessen und der Aus- oder Verlagerung an ausländische Produktionsstandorte unter Beibehaltung der technisch anspruchsvolleren Produkte und deren Weiterentwicklung am deutschen Standort, folgt nun eine Phase der globalen Qualitätsproduktion mit der Folge eines Umbaus der Produktionssysteme sowohl im In- als auch im Ausland.
Uli Voskamp vom SOFI schilderte diesen Prozess bezogen auf die Entwicklung an mittel- und osteuropäischen Standorten und am Beispiel des großen Wachstumsmarktes China.
Uli Kunz, BRV von Kirchhoff und Martin Brummermann, BRV der Coko-Werke GmbH berichteten aus ihren Unternehmen und resümierten, dass bislang die die ausländischen Standorte den deutschen Standort eher gerettet als geschwächt haben. Die große Frage ist nur wie geht es weiter? Auch sie konstatierten, dass sich der Kompetenzaufbau und die Infrastruktur an ausländischen Standorten ständig verbessert und neue Konkurrenzen nicht unwahrscheinlich seien. Heute gelte es mehr denn je, standortübergreifend zu denken und durchaus auch von den Auslandsstandorten zu lernen.
Der Ausbau von Auslandsstandorten wird zunehmen und es besteht verbreitet die Sorge dass am Stammsitz nur noch Verwaltung, Entwicklung, F&E übrig bleibt und ein schleichender Ausverkauf deutschen Produktions-Knowhows erfolgt, so die von teilnehmenden Betriebsräten geäußerte Befürchtung.
Für Betriebsräte stellt sich verschärft die Frage, wie sie am hiesigen Standort auf die Herausforderungen globaler Wertschöpfung Einfluss nehmen können und trotz der vermehrten Auslandsaktivitäten der Unternehmen hiesige Arbeitsplätze sichern und gestalten können. Wo kann der Betriebsrat Hebel ansetzen bei weiterer Internationalisierung und globaler Wertschöpfung?
Die Einschätzung der Betriebsräte ist realistisch Wir werden Internationalisierung nicht aufhalten, wir müssen aber schauen, mit welchen neuen Alternativen die Arbeitsplätze in Deutschland sicher und zukunftsfähig bleiben. Wichtig ist zu fragen, was steckt jeweils hinter der Wachstumsstrategie.
Die Innovationskompetenz ist durch die Internationalisierungsstrategie (am Beispiel Kirchhoff) eher gestärkt worden. Hier ist zu hinterfragen, was das möglich gemacht hat.
Das kritische Hinterfragen unternehmerischer Wachstumsstrategien und geplanter Auslandsaktivitäten und Investitionen gehört heute zur Aufgabe der Betriebsräte, wollen sie bei diesem rasanten Entwicklungsprozess ein Wörtchen mitreden. Gabi Schilling vom Projekt K+I stellte typische Fallen im Internationalisierungsprozess vor, die im Laufe der Projektarbeiten im Dialog mit Betriebsräten aus dem Maschinenbau, der Elektroindustrie sowie der Automobilzulieferindustrie identifiziert wurden. Daran schloss sich eine lebhafte Diskussion im Forum an, für die alle Teilnehmer/innen gerne mehr Zeit gehabt hätten.
Peter Donath vom IG Metall Vorstand mahnte an, dass selbst bei einer (bislang) erfolgreichen Wachstumsstrategie Risiken für deutsche Standorte bestünden. Es gebe keine einfache Lösung oder ein Patentrezept für alle Internationalisierungsstrategien. VW z.B. produziert bereits seit den 1970er Jahren in Südamerika, um in den abgeschotteten Markt überhaupt reinzukommen, auch der Bekleidungsmarkt ist schon lange international. Gerade der Mittelstand beginnt verstärkt auf Druck der Banken zu globalisieren. Die Betriebsräte dürften sich nicht nur an den vergangenen Erfahrungen orientieren, sondern müssten dort sein, wo der Ball hin gespielt wird und nicht dort, wo er war. Betriebsräte müssen heute internationaler und in Netzwerkstrukturen denken. Auch die Arbeitsbedingungen an ausländischen Standorten dürften für die deutschen Betriebsräte in ihrer Bemühung um Arbeitsplatzsicherung in Deutschland nicht aus dem Blick geraten. Globale Wertschöpfung ausbalancieren heißt auch: gute Arbeitsplätze im In- und Ausland schaffen.