Seite druckenFenster schließen

IG Metall Schweinfurt - 13. Nov. 2010 30.000 in Nürnberg

AktuellesKontaktInhaltsverzeichnis

Gigantisch - mehr als 30.000 am Nürnberger Kornmarkt - dank Euch!

Die Blechlawine rollt nach Nürnberg - 500 Busse mit Metallern
Für die Teilnehmer an der zentralen Protestaktion des DGB am gestrigen Samstag auf dem Nürnberger Kornmarkt war es sicher ein Erlebnis, das lange in Erinnerung bleiben wird. Für die Adressaten indes war es ein Signal - nicht "nur" wie erwartet 15.000 Menschen begehrten gegen zentrale bundespolitische Weichenstellungen auf, sondern gleich doppelt so viele. 30.000 waren es nach Schätzungen der Polizei, es mögen sogar noch mehr gewesen sein, doch 1.500 von ihnen - diese Zahl ist verlässlich - reisten aus Schweinfurt an.

Sie opferten einen freien Tag, folgten dem Aufruf ihrer Gewerkschaften und wissen doch: So lautstark ihr gestriger Protest auch war, so eindrucksvoll die Bilder des übervollen Kornmarktes mit seinen Seitenstraßen - so wenig wird er aktuell bewirken. Die meisten der kritisierten Entscheidungen - ob Rente mit 67, Reform der Hartz-IV-Sätze oder Gesundheitsreform - sind bereits "durch. Es gilt, dicke Bretter zu bohren...

8.45 Uhr auf dem Volksfestplatz: DGB-Regionsvorsitzender Frank Firsching und IG-Metall-Bevollmächtigter Peter Kippes werden von den Demonstrationswilligen förmlich überrannt. Manche Beschäftigte haben familiäre Verstärkung mitgebracht; die Jugend konnte seitens der IG Metall gut mobilisiert werden. Das Thema "Rente mit 67" bewegt (nicht nur) die Älteren. Die gecharterten 25 Reisebusse sind pickepackevoll... Die Stimmung in den Bussen ist ruhig, nicht aufgeladen - es ist noch früh am Morgen und man ist gespannt, was der Tag in Nürnberg bringt. Im Bus werden Aufkleber verteilt - grüne und rote Daumen. Die Leute sollen aufschreiben, was sie bewegt, was sie wollen- und was nicht. "Ich bin für eine Finanztransaktionssteuer" könnte in dem grünen stehen - "Ich bin gegen die Rente mit 67" im roten, schlägt der DGB vor. Das sind dann auch die zentralen Themen, weil sie den Nerv treffen: Ungerecht ist es aus Sicht der Beschäftigten, dass sie faktisch mit einer Rentenkürzung leben müssen (weil sie mit über 60 Jahren gar keine Jobs mehr bekommen), der "böse" Finanzsektor aber, der uns eine der schwersten weltweiten Wirtschaftskrisen beschert hat, schon wieder ganz oben auf der Fettsuppe schwimmt...

Als die Busse aus Schweinfurt am Nürnberger Prinzregentenufer ankommen, sind bereits tausende Menschen auf der Straße. Viel merh, als seitens der Veranstalter und der Ordnungsbehörden erwartet wurden. Die eigentlich zugeteilten Parkplätze sind überfüllt, der Schweinfurter "Reisetross" wird umgeleitet. Gut, dass man früh losgefahren ist und einen Zeitpuffer hat. Man ist rechtzeitig am alternativen Sammelplatz, der Demonstrationszug setzt sich in Bewegung. Der Kornmarkt aber ist zu diesem Zeitpunkt schon übervoll. Nicht alle dringen bis zum zentralen Kundgebungsplatz vor. Der DGB hat vorgesorgt: An verschiedenen orten im Umfeld wurden Leinwände installiert, auf denen ausnahmsweise mal nicht Fußball, sondern das Geschehen auf der Bühne übertragen wird - Public-Demo-Viewing, auch für viele Schweinfurter...

Die Beschäftigten aus der Region waren kreativ; sie hinterlassen eine eigene Handschrift im Meer der Fahnen, Tafeln und Transparente. Das schon vielfach eingesetzte große Papierschiff der IG-Metall-Jugend schwimmt durch die Fußgängerzone - auch hier lässt man sich also wieder "nicht versenken". SKF-Mitarbeiter haben einen Kartonstapel mit eigenen Statements aufgebaut - Parolen an einer papiernen Klagemauer... Angela Merkel wird als Hampelfrau inszeniert - am geführt am Faden der Atomlobby. Professionell und besonders augenscheinlich aber ist das breite Transparent der Aschaffenburger Abordnung der IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE): Spült sie endlich weg" lautet der Slogan - und das gesamte Kabinett blickt aus Kloschüsseln heraus.

Natürlich lauscht man auch den Reden der Offiziellen. "Wir wollen eine andere, eine bessere Gesellschaft. Wir wollen Arbeit, Solidarität, Gerechtigkeit", ruft der Vorsitzende des DGB Bayern, Matthias Jena. "Wir brauchen einen Kurswechsel, auch in Bayern." Und er ist sarkastisch: "Es gibt in Wirklichkeit gar keinen Facharbeitermangel in Deutschland - außer bei der Bundesregierung..." Es ist eine machtvolle Demonstration, aber auf dem Rückweg zu den Bussen macht sich auch die Erkenntnis breit, dass das Wort auf der Straße noch lange nicht zu Konsequenzen in der Politik führt. Schwarz-Gelb regiert - und auch Rot-Grün (und die zwischenzeitliche große Koalition) hat viele Menschen enttäuscht. Dennoch: Die euphorische Stimmung bei der Kundgebung nimmt man mit in die Busse, in denen während der Rückfahrt heftig diskutiert wird.

Was bleibt - wie geht es weiter? Was kann man als nächstes anpacken, um das Thema "am kochen" zu halten? Es soll noch einmal mobilisiert werden, den regierenden klar gemacht werden, dass man mit den grundsätzlichen Weichenstellungen nicht zufrieden ist, keine immer größere Kluft zwischen Reich und Arm will, keine Politik für Lobbyisten, sondern eine für das breite Volk. Zurück in Schweinfurt ist aber auch erstmal Wochenende - diesmal mit einem Tag Verspätung...

Quelle:swex.de